Ist Lithium der neue Kohlenstoff?

Lithium hat die Menschen schon immer bewegt. Lithiumcitrat kann als Psychopharmaka eingesetzt werden. Als Ausgangsbasis für den Fusionsreaktor steht Lithium für den Wunsch der unendlichen Energieerzeugung. Aktuell richtet sich der Blick aufgrund der Batterie-Elektromobilität auf das leichteste Metall der Erde. Diskutiert wurde beim  Carbon Cycle Culture Club (C4) zum Thema „Ist Lithium der neue Kohlenstoff? – Chancen und Herausforderungen der Lithiumwirtschaft“ am Donnerstag, 25. April 2024, ab 18 Uhr im Industrie- und Filmmuseum Wolfen. Fragen wie: Kann die Lithiumwirtschaft die Kohlenstoffwirtschaft anteilig ersetzen? Welche Chancen und welche Risiken gibt es? wurden von Fachexperten aufgegriffen.

Als Podiumsgäste waren zu Gast:

Inhaltlicher Rückblick

Kreislaufwirtschaft mit Lithium

Derzeit ist keine etablierte Kreislaufwirtschaft von Lithium vorhanden. Es wird nicht gezielt recycelt. Die Europäische Union hat allerdings vorgegeben, dass bis 2031 immerhin 35 Prozent des Lithiums aus Batterien recycelt werden sollen und bis zum Jahr 2036 70 Prozent. So gibt es einen klaren Fahrplan der Europäischen Kommission, die Recyclingquote von null Prozent deutlich zu erhöhen. Doch wie kann Mining am Beispiel Lithium künftig als Kreislaufprozess gedacht werden? Und welche neuesten Erkenntnisse gibt es im Bereich der Forschung und Entwicklung zu Lithium? Derzeit besteht bei Lithium-Ionen-Batterien noch Entwicklungspotential, beispielsweise bezüglich der Funktionalität im Winter und dem Gefahrenpotenzial bei einem Brand.

Insbesondere wegen seiner Verwendung in der Elektromobilität entwickelt sich das Alkalimetall derzeit zum meistgefragten Rohstoff der Welt. Mit der AMG Lithium im Chemiepark Bitterfeld-Wolfen nimmt derzeit die erste Raffinerie für Lithiumhydroxid in Batteriequalität auf dem europäischen Festland ihre Arbeit hier in der Region auf. Weitere Aktivitäten in Mitteldeutschland von Rocktech Lithium und Zinnwald Lithium, aber auch BASF Schwarzheide stehen in den Startlöchern.

Die Fachexperten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik gaben Einblick in ihre Erkenntnisse zu diesem vielversprechenden Element und einen Ausblick auf künftige Entwicklungen.

Blick aufs Podium des Industrie- und Filmmuseums in Bitterfeld-Wolfen

Michael Schmidt, Wissenschaftlicher Mitarbeiter Deutsche Rohstoffagentur (DERA)

Professor Wehrspohn begrüßte die Gäste des hybriden Formats unter anderem mit der Frage: „Was hat Lithium mit Bitterfeld zu tun?“ Der Namenspatron des Forums Walther Rathenau leitete von 1893 bis 1899 den Aufbau der AEG-Tochter „Elektrochemische Werke“ in Bitterfeld. Die Frage sei, ob der Strukturwandel ausschließlich mit natürlichem, also biogenem Kohlenstoff der Luft, umgesetzt werden könne.  Oder brauche es auch neue Impulse dazu wie Lithium als neuen Kohlenstoff? Für die Energiewende brauche es vor allem die anorganische Chemie. Diese basiert auf Salzen, auf Silikattechnologie und nicht auf Kohlenstoff. Wehrspohn: „Und deshalb freuen wir uns auch hier in Bitterfeld zu sein, da der Chemiepark in Bitterfeld-Wolfen traditionell ein anorganischer Chemiepark ist.“ Thema des Abends waren unter anderem die Chancen des Strukturwandels für das Mitteldeutsche Revier und das Lausitzer Revier. Mit Stephan Junker, Geschäftsführer und Chief Operating Officer (COO) der AMG Lithium GmbH in Bitterfeld-Wolfen, und Dirk Harbecke, Chief Executive Officer (CEO) von Rock Tech Lithium, waren die beiden Protagonisten der Lithiumwirtschaft vor Ort in Bitterfeld. Wehrspohn wies außerdem darauf hin, dass im Gegensatz zur Kohlenstoffwirtschaft die Lithiumwirtschaft von Beginn an zirkulär gedacht werde. Michael Schmidt, Wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der Deutschen Rohstoffagentur (DERA) erläuterte, dass er bei der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) arbeitet, in einer Sonderabteilung, die dem Bundeswirtschaftsministerium direkt untergeordnet ist. „Es geht einmal um die Beratung der deutschen Politik in sämtlichen, ich nenne es mal rohstoffrelevanten Fragen, die die Energiewende hauptsächlich betreffen und hier hauptsächlich die mineralischen metallischen Rohstoffe, aber auch im gleichen Maße die Beratung der Industrie“, berichtete Schmidt. Wichtig sei dies besonders, da die Wirtschaft nicht mehr von Angebot und Nachfrage bestimmt werde, sondern regulatorisch von „Push Faktoren“. Diese Regularien, wie beispielsweise, dass in der EU ab dem Jahr 2035 nur noch solche Neuwagen mit Verbrennungsmotor zugelassen werden, die beim Fahren CO2-emissionsfrei sind, bestimme den Rohstoffbedarf. Außerdem stehe Europa wirtschaftlich zwischen den Vereinigten Staaten, die mit dem zentralen Instrument des US-amerikanischen Inflation Reduction Act (IRA) ein Förderprogramm für Klimaprojekte im Umfang von etwa 400 Milliarden US-Dollar, die Wirtschaft anstoße und auf der anderen Seite konfrontiert mit der Industriepolitik Chinas, die seit zehn oder 15 Jahren ganz strategisch auf die Energiewende und hier besonders auf Elektromobilität setzt. Dabei müsse auch berücksichtigt werden, dass für die Lithium-Ionen-Batterie nicht nur Lithium benötigt werde, sondern unter anderem auch Graphit, eine natürlich vorkommende Modifikation des Kohlenstoffs. „Sämtliche Rohstoffe für die Energiewende, die wir in Europa brauchen, aber eigentlich nicht haben, kommen aus Regionen mit sehr konzentrierten Märkten“, erläuterte Schmidt. Beispielsweise dominiere China auch den Graphit-Markt. Auch beim primären Abbau. „Ohne China keine Energiewende, in keinem Land dieser Welt“, so Schmidt. Der Critical Raw Materials Act (CRM Act), der von Europa in nur 18 Monaten auf die Beine gestellt wurde, sei sehr bemerkenswert. Zehn Prozent kritische Rohstoffe sollen demnach in Europa abgebaut werden. Das sei bei Lithium machbar, aber bei Graphit schwierig und bei Kobalt und Seltenen Erden nicht machbar. 40 Prozent weiterverarbeitende Industrie in der EU anzusiedeln dagegen sei machbar, eine entsprechende Finanzierung vorausgesetzt. „Deswegen bin ich sehr stolz. Ich komme auch aus der Region“, sagte Schmidt, der in Wolfen aufgewachsen ist. Mit der AMG Lithium und Rock Tech Lithium gebe es zwei Unternehmen, die dieses Thema angehen. 15 Prozent beziehungsweise mittlerweile 25 Prozent sollen als recyceltes Material wieder in den Kreislauf gebracht werden. Mit der Kennzeichnung der ausgedienten Lithiumbatterie als Gefahrengut verhindere die EU nun allerdings den Export der alten Batterie nach China, auch wenn diese zuvor aus China importiert worden sei. „Dieser Protektionismus hilft niemandem. Ich bin ein sehr großer Freund von Kooperation und nicht von Konfrontation“, sagte Schmidt.

„Ich habe noch keinen Rohstoffmarkt gesehen, der in dieser Geschwindigkeit gewachsen ist.“

Michael Schmidt

„Ich habe noch keinen Rohstoffmarkt gesehen, der in dieser Geschwindigkeit gewachsen ist“, erläuterte Schmidt, der sich seit über 15 Jahren mit dem Lithiumrohstoffmarkt beschäftigt. Der Lithiumbergbau ist von 30.000 Tonnen im Jahr 2015 auf etwa 180.000 Tonnen im vergangenen Jahr gewachsen. Die Prognose, die ich heute abgebe, ist nächste Woche vermutlich überholt“, so Schmidt, weil der Lithium-Markt in seiner Dynamik eigentlich unübertroffen sei. „Ich kenne keinen Markt, der sich so entwickelt hat“, sagte Schmidt. „Ich habe noch nie so eine Volatilität erlebt“. Und das bedeute im Umkehrschluss, dass eine Politik gebraucht werde, die Unternehmen darin unterstütze, diese Volatilität abzufangen. Denn ansonsten werde es schwierig, Investitionen zu sichern für diese Langzeitprojekte. Das bedeute auch, dass die strategische Unabhängigkeit, die beabsichtigt ist, Geld kosten werde. Es müsse ein Tool entwickelt werden, das auf der Weltbühne wirtschaftlich akzeptabel ist, und den Unternehmen in Europa Luft zum Atmen gebe, sonst funktioniere das gesamte Thema Energiewende nicht.

Dirk Harbecke, CEO von Rock Tech Lithium

Dirk Harbecke, seit dem Jahr 2010 im Lithiummarkt aktiv, berichtete, dass im Jahr 2019 mit den Planungen für die große Lithiumraffinerie, den so genannten Lithiumkonverter begonnen wurde. Das Rohmaterial werde importiert, beispielsweise aus Kanada, dann soll es weiterverarbeitet werden und in den Lithium-Batterie-Kreislauf in Europa gebracht werden. „Diese Anlagen sind kompliziert“, sagte Harbecke, Chief Executive Officer (CEO) von Rock Tech Lithium, einem Unternehmen, das in Kanada und Deutschland aktiv ist. „Wir sind durch ein langwieriges Genehmigungsverfahren in Deutschland gegangen.“ In Deutschland seien die Genehmigungsverfahren mit die kompliziertesten, weil in Europa eine Genehmigung bedeute, dass die Anlage gebaut, und auch betrieben werden dürfe. In vielen anderen Ländern, wie in Großbritannien, den USA oder auch Australien werde zunächst eine Genehmigung für den Bau erteilt. Danach müsse eine Sondergenehmigung für den Betrieb eingeholt werden. In Deutschland habe man eine herausfordernde Situation. Deshalb sei, wie auch schon von Michael Schmidt dargestellt, eine gewisse staatliche Unterstützung nötig, auch aus Sicht der Investoren. Harbecke berichtete auch, dass China hoch professionell im Lithium-Bereich agiere und die großen Lithiumproduzenten in Australien noch immer nicht direkt nach Europa lieferten. Auch Rock Tech habe enge Beziehungen nach China, da dort vollständige Anlagen stehen und ein Wissensaustausch wesentlich sei. In Europa seien schnell politische Richtlinien umgesetzt worden, aber die Gelder, die dahinter stehen sollten, gebe es noch nicht, da sie häufig aus nationalen Töpfen kommen müssten. Dabei sprach er unter anderem auch die Kürzung der Mittel des „Klima- und Transformationsfonds“ (KTF) an. Harbecke: „Das macht die Situation für Neuansiedlungen schwierig“. Insbesondere wenn sie, wie von Michael Schmidt dargestellt, enormer Volatilität ausgesetzt sind. „(…) Investoren hassen Volatilität,“ so Harbecke weiter. Für Finanzinvestoren sei es wichtig zu sehen, dass die Politik Unterstützung leiste, vielleicht gewisse Garantien gebe, um eine Wertschöpfungskette in Europa zu etablieren. Oder wenn strategische Partner vorhanden seien. Die Autoindustrie sei auch dabei Investitionen zu machen, die aus der Sicht von Harbecke, aber noch deutlich höher ausfallen müssten. Auch chinesische Automobile drängten derzeit massiv auf den europäischen Markt. Harbecke: „Ich bin auch ein großer Fan von Kooperationen. Das werden Sie schon gemerkt haben aus meiner Rede.“ Er gehe aber auch davon aus, dass die deutsche Industrie hier die Marktführerschaft behalten wolle. Die Abstimmung zwischen der deutschen Industrie und der Politik zur Unterstützung der neuen Industrien, wie Batteriezellenproduzenten, Kathodenherstellern, Anodenherstellern, Lithiumproduzenten sei immens wichtig. Harbecke: „Wir brauchen definitiv mehr Unterstützung hier. (…) Sie hören, ich bin Deutscher. Ich habe deshalb alles dafür getan, dass wir auch in Deutschland so schnell wie möglich vorankommen. Ich kann Ihnen aber sagen, dass unser Leben im Moment in Kanada deutlich leichter wäre und auch ist, als es im Moment in Deutschland der Fall ist.“ Grund dafür seien unter anderem die Energiepreise, die in Deutschland drei bis viermal höher als in Kanada waren.  Nach wie vor seien die Energiepreise in Deutschland noch dreimal so hoch wie in Kanada. „Sie wissen, unsere Welt hat sich in den letzten sechs Jahren gravierend verändert“, so Harbecke. Es sei alles global gewesen, nun komme auf einmal die Regionalisierung zurück. In Europa müsse man aber vor allen Dingen auch im Bereich Recycling arbeiten, denn da sei Europa gut. Südkoreanische Partner wollten Batteriezellfabriken in Nordamerika aufbauen, aber Recyclinganlagen gerne in Europa. Harbecke: „Das ist eine enorme Chance, die wir haben.“ Professor Wehrspohn lenkte den Blick noch einmal auf das Thema Strukturwandel. Das Projekt in Guben ist ja im Lausitzer Revier, so Wehrspohn, und damit in der Strukturwandel-Region. „Wie sind die Gespräche mit den Politikern vor Ort? Ist das Thema Strukturwandel auch ein Teil der Gespräche? Harbecke bekräftigte, dass sich das Unternehmen in der Landes- und Kommunalpolitik sehr gut aufgehoben fühle. Die Politiker wollten, dass sich Zukunftstechnologien ansiedelten. Sie wollten Cluster kreieren, so wie auch in Sachsen-Anhalt rund um den Chemiepark. Cluster für die Zukunft der Mobilität und die Zukunft der Speichersysteme. „Wir reden immer über Autos, weil der Großteil im Moment natürlich an Lithium für Batterien für Autos verwendet wird. Aber die Zukunft liegt gleichzeitig dann auch in dem Bereich der Stromspeicherung (…).“ Denn je mehr in regenerative Energien investiert werde, umso wichtiger seien Speichersysteme. Die Herausforderungen im politischen Bereich lägen mehr auf übergeordneten Ebenen, wie der Bundes- und EU-Politik. Harbecke: „Wir sind wieder in Kriegszeiten.“ Es werde wieder darüber diskutiert, wie viel Geld für Waffen und Munition ausgegeben werden müsse. Gleichzeitig werde darüber gesprochen, dass mit einem beschränkten Gesamtbudget gearbeitet werden müsse, das nicht erweitert wird. Harbecke: „Ja, ich persönlich halte das für einen Fehler.“ Wir bräuchten in solchen Situationen mehr Geld, das zur Verfügung gestellt wird. Michael Schmidt ergänzte, dass in dem Zusammenhang die Frage sei, wie man mit dem Thema Schuldenbremse umgehe. Schmidt: „Diese Energiewende ist eine Investition in die Zukunft und sie kostet Geld.“ Dieses Geld müsse zur Verfügung gestellt werden.

Stephan Junker, Geschäftsführer und Chief Operating Officer (COO) der AMG Lithium GmbH in Bitterfeld-Wolfen

Stephan Junker, Geschäftsführer und Chief Operating Officer (COO) der AMG Lithium GmbH in Bitterfeld-Wolfen, stellte die Entwicklung der ersten Lithiumraffinerie in Europa und damit außerhalb von China vor. Es wurden am Standort in Bitterfeld-Wolfen bereits etwa 80 hochwertige Industriearbeitsplätze geschaffen.  Er ging auf die Herausforderungen während des Baus der Anlage ein. Das Unternehmen beschäftige sich insgesamt mit kritischen Materialien. Der rechtliche Sitz des Unternehmens befindet sich in Amsterdam, aber die große Wertschöpfung finde in Deutschland statt. In der Nähe von Passau beispielsweise werde Graphit abgebaut, in Nürnberg werden verschiedene Metalle verarbeitet. Am Bitterfelder Standort wird Lithium in Batteriequalität produziert werden.  In dem ersten Modul zirka 20.000 Tonnen jährlich. In den nächsten sechs bis acht Wochen soll das erste Mal eines dieser „Big Packs“ in die Anlage übernommen werden.

„ Wir gehen auch davon aus, dass sich rund um uns herum Kathodenhersteller noch niederlassen werden (…), die wir dann mit diesen Materialien versorgen können.“

Stephan Junker

Junker: „Wir gehen auch davon aus, dass sich rund um uns herum Kathodenhersteller noch niederlassen werden (…), die wir dann mit diesen Materialien versorgen können.“ Das Material sehe etwa aus wie Zucker. Die Kristallgröße sei etwa ähnlich und auch die Fließfähigkeit.

 

Georgios Chryssos, Vorstand Stiftung Gemeinsames Rücknahmesystem Batterien

Georgios Chryssos, Vorstand der Stiftung Gemeinsames Rücknahmesystem Batterien, erläuterte, dass die Stiftung vor 26 Jahren von der deutschen Batteriewirtschaft gegründet worden ist. Damals sei es nicht um Rohstoffversorgung gegangen, sondern einzig und alleine um die Rücknahme der damals schadstoffhaltigen Batterien. Chryssos Idee Industriebatterien zurückzunehmen sei im Jahr 2009, als er bei der Stiftung angefangen habe zu arbeiten, zunächst auf große Widerstände gestoßen. 99 Prozent der in Deutschland in den Verkehr gebrachten Industriebatterien waren zu diesem Zeitpunkt Bleibatterien. Die Marktführer damals hielten Lithium nur für eine Randerscheinung. Dieser Markt habe eine enorme Dynamik. Es bestehe derzeit eine extrem hohe Abhängigkeit von China, das technologisch etwa zehn Jahre voraus sei. Mit den neuen EU-Regularien versuche man nun, eine gewisse Unabhängigkeit auf den Rohstoffmärkten zu erreichen, unter anderem auch durch die Nutzung von Sekundärressourcen. In allen neu in den Verkehr gebrachten Batterien sollen ab dem Jahr 2031 sechs Prozent rezykliertes Lithium enthalten sein. Ab dem Jahr 2036 sollen es zwölf Prozent sein. Da aber die Lebensdauer von Lithiumbatterien zehn bis 15 Jahre ist, müsse man davon ausgehen, dass in den nächsten zehn Jahren nicht genügend Rezyklat zur Verfügung stehe, um diese Vorgaben zu erfüllen. Es werde also entsprechendes „End-of-Life-Material“ aus dem EU-Ausland benötigt.

Der europäische Markt ist auch für die Chinesen ein interessanter Absatzmarkt. Trotzdem möchten viele Europäer auch weiterhin gerne europäische Autos kaufen. Chryssos: „Und das ist, glaube ich, auch eine große Chance.“ Auch als Organisation der Batteriehersteller wolle man, obwohl es diese Wettbewerbsnachteile vermeintlich gebe, dafür Sorge tragen, diese Rezyklat-Anforderungen zu erfüllen und Stoffkreisläufe zu schließen. Derzeit gebe es weltweit keinen Recyclingprozess für Lithium-Eisenphosphat-Akkumulatoren (Lithium-Ferrophosphat-Akkumulator, LFP-Akku). Diese Technologie sei im Bereich stationärer Speicher Vorreiter und habe bereits einen Marktanteil von 90 Prozent. Deshalb gehe die Stiftung Gemeinsames Rücknahmesystem Batterien davon aus, dass auch im Elektromobilitätsbereich der LFP-Akku an Bedeutung gewinnen werde. Hier könne man durch gezielten Aufbau von Technologien Möglichkeiten schaffen, um diese Batterien wieder aufzuarbeiten.

Aus dem Publikum kam die Frage, was eine alternative Maßnahme wäre, um den Markt politisch in Gang zu bringen. „Welche anderen Regulierungsvorschriften hätten Sie denn lieber als diese Quoten?“  Diese Vorgaben, diese Regulatorien, die eingeführt wurden, halte er für hoch wirksam, so Chryssos. Wenn man Circular Economy betreiben möchte, dann seien diese Rezyklatvorgaben ein sehr viel besseres Mittel als zum Beispiel Sammelquoten. Das Problem sei ein anderes, nämlich, dass in einem regional abgegrenzten Bereich, also Europa, eine eigene Circular Economy aufgebaut werde und völlig ausgeblendet werde, dass der weitaus größere Marktanteil außerhalb von Europa stattfinde. Chryssos: „Und daraus entstehen Konflikte, also auch Wettbewerbsnachteile.“ Es habe also nichts mit den Vorgaben zu tun. Aber er glaube, dass das Thema Circular Economy und im Übrigen auch das Thema Defossilisierung nur dann funktioniere, wenn es nicht auf den europäischen Raum begrenzt würde, sondern es müssten globale Ansätze gefunden werden.

 

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