Veranstaltung
CarbonCycleCultureClub:
Elbe, Mulde, Loire – Wie kommen Flüsse zu ihrem Recht?

Elbe, Mulde, Loire – Wie kommen Flüsse zu ihrem Recht?

Fotografie eines Tropfens über Wasser, das Wellen schlägt

Wasser  –  Flüsse, Nebenflüsse oder Seen, ob künstlich oder nicht – und deren Rechte sind das Thema im ersten deutsch-französischen CarbonCycleCultureClub (C4) des Forum Rathenau e.V. in Form einer „Nacht der Ideen“, der am Freitag, 4. April 2025 ab 17.30 Uhr im Wasserzentrum Bitterfeld in Sachsen-Anhalt in Zusammenarbeit mit dem Institut français Sachsen-Anhalt veranstaltet wird, mit Workshops, die bereits ab 15 Uhr stattfinden, und Begleitprogramm. Einlass ist ab 14.30 Uhr.

Zu Gast sind unter anderem:

  • Grußwort: Staatsminister Rainer Robra, Chef der Staatskanzlei und Minister für Kultur
  • Grußwort: Prof. Dr. Armin Willingmann, Minister für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt des Landes Sachsen-Anhalt
  • Dr. Camille de Toledo, französischer Schriftsteller, Künstler und Forscher
  • Virginie Serna, Archäologin und Hauptkonservatorin des Kulturerbes in der Mission de l’Inventaire Générale du Patrimoine Culturel, Ministère de la Culture et de la Communication
  • Régis Lemberthe, Design Fiction Coach – Studio N O R M A L S
  • Guido Puhlmann, Leiter des Biosphärenreservats Mittelelbe
  • PD Dr. habil. Romy Klimke, Vertreterin der Professur für Völkerrecht, Recht der EU und Internationale Beziehungen an der Technischen Universität Dresden
  • Wolfgang Schuster, Klima- und Umweltaktivist in der ehem. DDR, Ökologische Arbeitsgruppe Halle (ÖAG)
  • Sven Schulz, Referatsleiter Hochwasserschutz im Ministerium für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt des Landes Sachsen-Anhalt

Neben einer engen Verbindung auf politischer und institutioneller Ebene haben Sachsen-Anhalt und seine französische Partnerregion Centre-Val de Loire eine kultur- und naturlandschaftliche Gemeinsamkeit: Zwei große und im Übrigen symbolträchtige Flüsse fließen durch ihre Gebiete: die Loire und die Elbe einschließlich ihres Nebenflusses, der Mulde.

Während bei der Reduktion von Treibhausgas-Emissionen und Luftschadstoffen Erfolge verzeichnet werden können, zeigten sich besonders deutliche Defizite im Bereich Wasser, heißt es im Umweltmonitor 2024 des Umweltbundesamtes (UBA) zum Zustand der Umwelt in Deutschland. So werde etwa der Grenzwert für Nitrat im Grundwasser seit 2008 jedes Jahr an circa jeder sechsten Messstelle überschritten. Eine wesentliche Ursache hierfür liege in den Nährstoffeinträgen aus der Landwirtschaft. Auch der Blick auf Kunststoffmüll in der Nordsee sei ernüchternd: Nach wie vor gelangen große Mengen Müll in die Gewässer.

Weltweit sieht es nicht besser aus. Eine sichere Wasserversorgung und der Zugang zu Sanitärversorgung sind von den Vereinten Nationen anerkannte Menschenrechte. Doch nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation hatten im Jahr 2022 mehr als zwei Milliarden Menschen keinen sicheren Zugang zu sauberem Trinkwasser.

Jedoch wird immer häufiger die Frage gestellt: Welche Rechte hat die Natur? Und damit auch das Wasser, der Fluss, der See. Im Mittelpunkt der Diskussionen des C4 wird das Konzept der Rechte der Natur stehen.

Seit Jahrzehnten gibt es eine Diskussion darüber, der Natur den Status eines Rechtssubjekts zu geben. Das würde bedeuten, dass jeder und jede im Namen der Natur klagen kann. Vertreter:innen dieses Ansatzes erhoffen sich so einen konsequenteren Umweltschutz und eine breitere Diskussion in der Gesellschaft sowie die bessere Umsetzung bestehender Umweltschutz-Gesetze.

Der neuseeländische Whanganui-Fluss erhielt als erster Fluss der Welt im Jahr 2017 den Status einer juristischen Person zugesprochen. Ein Maori-Stamm hatte sich bereits seit 170 Jahren dafür eingesetzt, das Gewässer als lebendiges Wesen juristisch anerkennen zu lassen. Auch der Fluss Ganges und sein Nebenfluss Yamuna in Indien erhielten im selben Jahr einen solchen Rechtsstatus. Seit 2008 hat in Ecuador die Natur Verfassungsrechte. Die Natur hat demnach ein Recht auf Erhalt, Existenz und Regeneration. Auch in Europa gibt es erste Entscheidungen in dieser Richtung: Die Salzwasserlagune Mar Menor in Spanien wurde im September 2022 als eigenes Rechtssubjekt anerkannt und ist damit das erste Ökosystem Europas mit eigenen Rechten. Der Deutsche Bundestag befasste sich zuletzt 2021 mit der Frage der Eigenrechte der Natur.

Flyer der Veranstaltung. Die Nacht der Ideen (Pouvoir agir). ELBE MULDE LOIRE. Wie kommen Flüsse zu ihrem Recht? Logos: Forum Rathenau, Gefördert durch: Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages, Institut Francais ausgesprochen französisch, Sachsen-Anhalt Staatskanzlei und Ministerium für Kultur

Als Vordenker des Konzepts, in dem die Natur als Rechtssubjekt festgeschrieben werden soll, gilt der im Jahr 2021 verstorbene US-amerikanische Umweltschützer Christopher Stone. Sein im Jahr 1972 veröffentlichter Text „Should Trees Have Standing?“ was sinngemäß übersetzt heißt „Sollten Bäume klagen können?“ wurde durch einen Rechtsstreit, der um ein Gletschertal in Kalifornien geführt wurde, motiviert.

Camille de Toledo, der die C4-Veranstaltung des Forum Rathenau maßgeblich gestalten wird, geht es darum, in einer Mischung aus Workshops, Diskussionen, Debatten und Aufführungen die Grundlagen dafür zu legen, was ein „Elbe-Mulde-Parlament“ wäre oder sein könnte, das die Einwohner:innen und ihre Flüsse enger miteinander verbinden könnte. Dabei werden Möglichkeiten erkundet, wie „wir aus der nur – für die Menschen – utilitaristischen Natur-Beziehung herauskommen können, indem wir uns auf das einlassen, was uns unsere Lebensräume sagen: ihre Mühen, ihre Freuden, ihren ‚Zorn‘…“, so Camille de Toledo im Hinblick auf die Veranstaltung.

Durch die Gründung eines Parlaments der Loire würde sie der erste Fluss Europas, der demokratisch vertreten wird. Diese Idee wurde vom Pôle arts & urbanisme POLAU in Tours angeregt. Unter der Leitung von de Toledo haben Wissenschaftler:innen, Philosoph:innen, wie der inzwischen verstorbene Bruno Latour, Jurist:innen, aber auch Binnenschiffer:innen und Fischer:innen in öffentlichen Anhörungen über die Schaffung dieser Institution diskutiert, die die Loire gegen Umweltverschmutzung verteidigen soll. Dieses Projekt wird derzeit mit weiteren Anhörungen fortgesetzt und hat auch ein weiteres, nämlich ein „Parlament des Paraná-Flusses“ in Argentinien, angestoßen. De Toledo wird es gemeinsam mit Virginie Serna am Veranstaltungsabend vorstellen.

Unter dem Begriff des „Terrestrischen“ subsummierte Bruno Latour in „Das terrestrische Manifest“ein alternatives Verständnis von Natur, Wissenschaft und Ökologie, eine Perspektive, in der die Erde als teilnehmend betrachtet wird. Der Mensch steht nicht im Zentrum und ist nicht der einzig Handelnde. Er begreift die Erde selbst als einen politischen Akteur und nimmt sie als solchen ernst.

Im Mittelpunkt dieses C4 steht die Beziehung des Menschen zur Erde, die als bewohnbar erhalten bleiben soll, wobei innovative Konzepte wie die „terrestrische Wende“ beleuchtet werden. „Die ‚terrestrische Wende‘ bezeichnet eine Veränderung unseres Verhältnisses zur Natur und unterstreicht die Dringlichkeit, unsere Bindungen und Verbindungen zur Welt zu überdenken. Dieser Ansatz erfordert auch, die Eigenperspektive der Ökosysteme zu betrachten und wahrzunehmen. In diesem Zusammenhang wird der Fluss nicht mehr als Ressource oder als etwas Vorhandenes, sondern als ‚Person mit Rechten‘ wahrgenommen“, erläutert Camille de Toledo.

Auch in Deutschland gibt es Bestrebungen sich dafür einzusetzen, dass die Natur juristische Rechte bekommt. Das Landgericht Erfurt entschied beispielsweise in einem Prozess zum Dieselskandal im August 2024, dass durch die Manipulationen der Autokonzerne Natur geschädigt wurde. Aus der Grundrechtecharta ließen sich bereits Eigenrechte der Natur ableiten.

Bereits vor dem eigentlichen C4 am Abend des 4. April 2025 werden wir in Werkstätten und Diskussionen das Thema der Flusslandschaften in einem River Check und in einem Design-Experiment mit Schüler:innen und Gästen beleuchten.

Workshopangebote für Kinder, Jugendliche und Erwachsene

Design Fiction / Future Ecology: Aufbau einer Fiktion rund um die Perspektive der Mulde

Régis Lemberthe, Design Fiction Coach, Studio N O R M A L S

Wie verändern sich Politik und Wirtschaft, wenn die Natur ein Mitspracherecht hat? Mit der Methode der Design Fiction wird im Workshop unter der Leitung von Régis Lemberthe eine Vision von einem Parlament der Elbe und Mulde, in dem Flüsse eine eigene Stimme haben, entworfen. Dabei wird über Konflikte in der Zukunft (wie Klimawandel, Wasserbedarf, Versiegen der Quellen) gerade im Kontext lokaler Besonderheiten in Sachsen-Anhalt spekuliert. In Rollenspielen werden Interessengruppen identifiziert. Teilnehmer:innen können ihre im Workshop entwickelten Perspektiven in der Abendveranstaltung beim CarbonCycleCultureClub ab 17.30 Uhr einbringen.

Dieses Workshopangebot richtet sich an Jugendliche ab 16 Jahren und Erwachsene

River Check – wie sauber ist der Fluss?

science2public / Wolfgang Schuster, Ökologische Arbeitsgruppe Halle (ÖAG)

Flüsse gehören zu vielen Städten als frei zugängliche Badegewässer für die Stadtbevölkerung. Wie verhält es sich mit ihrer Sauberkeit? Kann man in Flüssen baden? Oder wann vielleicht auch nicht? Diese Fragen stellt sich das Team vom Verein science2public im Rahmen seines Projekts River Check von Bord der Make Science Halle als erstem Bürgerforschungsschiff in Deutschland. Die Crew nimmt dazu die Saale in ihre Analysen, ehemals einer der am stärksten belasteten Flüsse in Europa. In dem Workshop im Wasserzentrum können Teilnehmer:innen selbst Wasserproben untersuchen. Welche chemischen, physikalischen und auch biologischen Parameter dabei wichtig sind, und wie viele Bakterien zu welcher Einschätzung der Wasserqualität führen, kann experimentell erfahren werden.

Dieses Workshopangebot richtet sich an Kinder mit ihren Eltern/Großeltern/einer Begleitperson und Jugendliche

Zukunftspostkarten (zweisprachig)

Lilli Förster/Madita Flohe, Forum Rathenau

Floriane Berthier, Attachée für Sprache und Bildung, Institut français Sachsen-Anhalt

Welches Bild entsteht in dir, wenn du an die Zukunft der Region und der lokalen Flusslandschaften denkst? Welche Eigenschaften verbindest du mit den lokalen Flusslandschaften? Wie stellst du dir das zukünftige Miteinander von Mensch und Wasser vor? Welche Farben, Formen und Symbole beschreiben für dich die Zukunft der (lokalen) Wasserlandschaften?

Das begleitende Format Zukunftspostkarten mit Lilli Förster und Madita Flohe lädt dazu ein, gemeinsam Visionen und Wünsche für die regionale Entwicklung zu visualisieren. In den Pausen laden wir unsere Gäste herzlich ein auf unseren Zukunftspostkarten ihre Gedanken zu Fragen der Zukunft von Flusslandschaften und Region kreativ zu äußern. Ob malen, zeichnen oder schreiben – ihre Antworten werden Teil eines Gesamtkunstwerks im Raum, das die vielfältigen Eindrücke und Visionen unserer Gemeinschaft zum Ausdruck bringt. Durch kreative Methoden entsteht ein kollektives Bild möglicher Zukünfte, an dessen Gestaltung jeder eingeladen ist, teilzunehmen. Das Programm beinhaltet deutsch-französische Elemente mit Unterstützung von Floriane Berthier.

Dieses Workshopangebot richtet sich an Kinder mit ihren Eltern/Großeltern/einer Begleitperson und Jugendliche sowie an Anwohner:innen

Ausstellung

Umweltbewegung der DDR trifft Klimaaktivisten – Lebenserfahrung versus Zukunftsängste

Wolfgang Schuster, Ökologische Arbeitsgruppe Halle (ÖAG)

Und wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen. 20 Informationstafeln.

Ablauf

14:30 UhrEinlass
14:30–17:30 UhrZukunftspostkarten: deutsch-französisches Begleitformat, um gemeinsam Visionen und Wünsche für die regionale Entwicklung zu visualisieren
Ausstellung: Umweltbewegung der DDR trifft Klimaaktivisten – Lebenserfahrung versus Zukunftsängste
15:00–17:00 UhrWorkshop: Design Fiction / Future Ecology: Aufbau einer Fiktion rund um die Perspektive der Mulde
15:00–17:00 UhrWorkshop: River Check mit der Crew der Make Science Halle, Deutschlands erstem Bürgerforschungsschiff
17:30–21:30 Uhr
(mit Pausen)
CarbonCycleCultureClub: Elbe, Mulde, Loire – Wie kommen Flüsse zu ihrem Recht?

Teil 1: Zweistimmige Erzählung von Camille de Toledo und Virginie Serna über Erfahrungen beim „Parlement de Loire“ unter Beteiligung ausgeloster Gäste aus dem Publikum

Teil 2: Auf dem Weg zu einem Parlament der Elbe und ihrer Nebenflüsse? Diskussion mit Referent:innen, Publikumsbeteiligung und Beiträge von Teilnehmer:innen des Design Fiction-Workshops

Teil 3: Performance von und mit Camille de Toledo und Régis Lemberthe (Text: Camille de Toledo, Musik: Régis Lemberthe)

Die Veranstaltung findet in Kooperation mit dem Institut français Sachsen-Anhalt mit der Unterstützung der Staatskanzlei und Ministerium für Kultur des Landes Sachsen-Anhalt statt.

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Auf der Veranstaltung werden Film- und Tonaufnahmen sowie Fotos gemacht, mit deren auch späteren Verwendung Sie sich durch den Besuch der Veranstaltung einverstanden erklären. Wenn Sie nicht fotografiert oder gefilmt werden möchten, können Sie den:die Fotograf:in oder die Kameraleute ansprechen.

Bei Fragen können Sie sich jederzeit gern an uns wenden.

Ihr Team des Forum Rathenau

info@forum-rathenau.de

Anmeldung digitale Teilnahme am CarbonCycleCultureClub

Die Teilnahme an den Workshops ist nur in Präsenz möglich.

Die Podiumsdiskussion wird ab 17:30 Uhr über einen YouTube-Livestream übertragen. Sie erhalten den Link nach Ihrer Anmeldung per E-Mail.

Nutzen Sie gerne die Möglichkeit, während der Diskussion Fragen im Chat zu stellen, die von den Diskussionsteilnehmer:innen aufgegriffen werden.

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Ihr Team des Forum Rathenau

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