Im CarbonCycleCultureClub (C4) des Forum Rathenau e.V. diskutieren wir im November 2024 die Zukunft des CO₂ als Handelsware.
Schon heute ist der Handel mit CO₂-Zertifikaten marktmächtig. Die FAZ schreibt beispielsweise am 8. November 2024: „Im Jahr 2022 flossen 1,9 Milliarden Dollar in diesen CO₂-Markt. Mit diesem Geld wurden 254 Millionen Tonnen CO₂- ausgeglichen.“ Wie wird sich der CO₂-Zertifikate-Markt entwickeln, wofür lassen sich die Erlöse einsetzen?
Am Donnerstag, 28. November 2024, diesmal bereits um 17 Uhr bis etwa 20 Uhr, lautet das Thema des C4: „Closing the Loop / Carbon Credits / Carbon Pricing“. Im Kleinen Saal des Städtischen Kulturhaus Bitterfeld-Wolfen wird das mögliche Zusammenführen des europäischen und des globalen Kohlenstoff-Markts diskutiert. Moderiert wird die Veranstaltung von Professor Ralf Wehrspohn, Vorstandsvorsitzender des Forum Rathenau.
Zu Gast auf dem Podium sind:
- Prof. Dr. Andreas Löschel, acatech Mitglied, Inhaber des Lehrstuhls Umwelt-/Ressourcenökonomik und Nachhaltigkeit, Ruhr-Universität Bochum (hybrid)
- Dr. Maria Gaudig, stellvertretende Leiterin der Wasserstoff-Gruppe ITEL – deutsches Lithiuminstitut, Postdoc Institut für Physik, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
- Dr. Sebastian Kunz, Senior Manager Catalysis and Carbohydrate Chemistry, Südzucker AG, Central Department Research, Development, Services CRDS (hybrid)
- Professor Georg Locher, SCHWENK Building Materials Group
CO₂-Zertifikate, die es heutzutage im europäischen Handelsmarkt (EU-Emissionshandelssystem (EU-EHS)) gibt, werden an einer Börse gehandelt. Sie gelten für unterschiedliche Sektoren wie Mobilität, den europäischen Flugverkehr und die Industrie. Jedes Jahr wird eine feste Anzahl von Zertifikaten durch die Europäische Union ausgegeben. Die Unternehmen können sie erstehen, um CO₂ zu emittieren.
Das Prinzip dahinter: es gibt jedes Jahr weniger Zertifikate. Knappheit beeinflusst den Preis für CO₂-Emissionen. Industrie und Kunden können entweder einen höheren Preis zahlen oder aber die CO₂-Emissionen reduzieren.
„Dieses Zertifikate-System ist im Bereich der Umweltökonomie das beste Instrument“, so Professor Ralf Wehrspohn. „Es ist besser als ein fester CO₂-Preis und besser als eine Steuer.“ Denn über die Zielfunktion (im Jahr 2045 möchte die Europäische Union die Zertifikate auf 0 haben) wird das Ziel auf jeden Fall erreicht. Und der Weg zum Ziel stärkt genau die Maßnahmen, die CO₂ -Emissionen am wirtschaftlichsten reduzieren helfen.
Dieses Europäische Emissionshandelssystem gilt bisher nur für Europa. Weltweit hat sich ein zweites Zertifizierungssystem entwickelt. Dieses globale Zertifizierungssystem aus dem Bereich Green Finance bedeutet: Wenn ein Unternehmer heute zur Bank geht und eine Finanzierung möchte, muss er eine Nachhaltigkeitsstrategie vorweisen. Oder das Unternehmen muss negative CO₂-Zertifikate kaufen.
Das funktioniert wie bei Privatpersonen, die für einen Flug oder die Bestellung bei einem Lieferdienst ihren CO₂-Fußabdruck reduzieren möchten. Der CO₂-Ausstoß ändert sich dadurch nicht, aber das Unternehmen muss negative Emissionen kaufen. Also wird andernorts die gleiche Menge an CO₂ gespeichert. Das ist der freiwillige CO₂-Markt.
Die Handelsplattformen, die sich weltweit entwickelt haben, speichern CO₂ zum Beispiel in Biomasse, wie in Mangrovenwäldern oder in Seegras. Wir haben darüber beim C4 zum Thema Blue Carbon gesprochen. Blue Carbon ist ein Beispiel dafür, aber auch die CO₂-Speicherung unterirdisch in Kavernen, in Gesteinsformationen wie in Island, wo CO₂ unterirdisch und mineralisch gebunden wird. CO₂ kann auch in Biokohle zur Bodenverbesserung und Wasserhaltung umgewandelt oder in Mooren gebunden werden. Sind Landwirtschaft und Naturschutz also die neuen Profiteure eines CO₂-Marktes?
Negative Emissionen sind nicht Null-Emissionen. Für negative Emissionen muss das CO₂ aktiv aus der Luft herausgezogen und langfristig gebunden werden. Kohlenstoff wird langfristig gespeichert, zum Beispiel durch die Umwandlung in Gestein oder durch Bindung in Humus oder in Mangrovenwäldern oder Seegras sowie im Holzbau. Erst durch die langfristige Bindung wird von negativen Emissionen gesprochen.
Dieser freiwillige Markt entwickelt sich weltweit gerade dynamisch und erzielt höhere Preise als der CO₂-Markt der Europäischen Union.
Im C4 werden wir darüber sprechen: Können beide Märkte, der verbindliche europäische Markt und der globale freiwillige Markt zusammenkommen?
Eine Arbeitshypothese, die wir im C4 diskutieren: Kann der freiwillige CO₂-Markt der Schlüssel für die globale Klimaneutralität sein?
Das andere Modell ist das Klimaclubmodell, das Bundeskanzler Olaf Scholz initiierte. Es bedeutet, dass der EU-ETS-Markt, also der verbindliche Markt, auf möglichst viele Länder ausgedehnt wird. Ergänzt wird das durch den Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM).
Die Frage am 28. November 2024 im C4 lautet also: Kann der europäische, staatlich organisierte CO₂-Markt mit den internationalen freiwilligen Märkten verbunden werden?
Es fehlen bisher noch Technologien der CO₂-Speicherung. Es gibt Optionen, aber welche sind marktreif? Dies werden wir anhand möglicher Marktdesigns diskutieren und sehen, welche neue Ideen in die Zukunft führen.