Beim CarbonCycleCultureClub (C4), dem Diskussions- und Denkformat des Forum Rathenau e.V., kam es in Zusammenarbeit mit dem letzten MELT Festivals am Donnerstag, 11. Juli 2024, von 18 bis 20 Uhr im Kraftwerk Zschornewitz in Gräfenhainichen zu einer ganz besonderen Begegnung zwischen Wissenschaft und Kunst. Zum Thema „Blue Carbon: Mit natürlicher CO2-Speicherung die Klimaziele erreichen?“ standen natürliche Klimaschutzlösungen im Fokus. Welche Bedeutung haben Blue Carbon-Ökosysteme für den Klimaschutz?
Auf dem Podium zu Gast waren:
- Jayda G, Grammy-nominierte DJ und Spezialistin für Umwelt-Toxikologie. Sie zeigte Ausschnitte aus ihrem Dokumentarfilm „Blue Carbon – Die Superkraft der Natur“ – und legte später in der Nacht beim MELT Festival in Ferropolis auf.
- Dr. Antje Boetius, Wissenschaftliche Direktorin für Tiefseeökologie und Technologie am Alfred-Wegener-Institut des Helmholtz-Zentrums für Polar- und Meeresforschung
Hier geht’s zum Film-Mitschnitt des Beitrags von Antje Boetius.
Moderiert wurde die deutsch/englische Veranstaltung von Claudia Reiser, Redakteurin ARD Klimakompetenzcenter.
Beide Frauen auf dem Podium einte in ihrem unermüdlichen Einsatz für unsere Umwelt, unsere Welt, eine Begeisterung für die Tier- und Pflanzenwelt des Meeres, deren natürliche Schutzmechanismen und deren Einzigartigkeit. Beide setzen sich auf ihre Weise durch Wissenschaft, Kunst und Öffentlichkeit für deren Schutz ein und vermitteln dabei einen mitreißenden Zukunftsoptimismus.
Jayda G (Zweite von links) und Antje Boetius (Dritte von links) diskutierten beim C4 die Grenzen und Möglichkeiten von natürlichen CO₂-Speichern. Moderiert wurde die Veranstaltung von Claudia Reiser (rechts). Zu sehen ist außerdem Lilli Förster vom Forum Rathenau (links). Foto: Lynne Tiller
Die Erderwärmung durch vom Menschen verursachten CO₂-Ausstoß bewegt die Bevölkerung auf dem gesamten Globus. Es herrscht weitgehend Einigkeit, die menschlich verursachte Klimaveränderung so gering wie möglich zu halten. Deutsche (nach dem Klimaschutzgesetz soll Deutschland bis 2045 treibhausgasneutral sein) genauso wie europäische (Europa soll nach dem Grünen Deal bis 2050 klimaneutral werden) Klimaziele wurden aufgestellt und auch weltweit umfasst die Klimarahmenkonvention 198 Mitgliedsstaaten. Die Frage dabei ist allerdings, wie Klimaschutz besonders erfolgreich sein kann. Eine Verringerung von Treibhausgasen wie Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4), und Lachgas (N2O) sowie die fluorierten Treibhausgase (F-Gase) wird angestrebt, allerdings besteht auch Einigkeit, dass dies in manchen Bereichen, wie beispielsweise der CO₂-intensiven Industrie, besonders schwierig ist.
Aber nicht nur der vom Menschen verursachte verstärkte CO₂-Ausstoß in die Atmosphäre ist problematisch, auch die Verringerung von natürlichen CO₂-Speichern wie Mooren, Mangroven (salztoleranter, immergrüner Baum- und Strauchbestand an tropischen und subtropischen Küstenlinien und Flussmündungen) sowie Seegraswiesen im Meer- oder Wattbereich in gemäßigten Zonen auf der Nord- und Südhalbkugel, ist neben dem Verlust an Lebensraum für viele Arten auch für die Atmosphäre problematisch. In den vergangenen 50 Jahren wurden rund ein Drittel aller Blauen Kohlenstoff-Ökosysteme trockengelegt, versiegelt oder verschmutzt – wurden zerstört. Aber genau diese Küstengebiete können Kohlenstoff aus der Atmosphäre binden und langfristig speichern. Das belegen wissenschaftliche Studien der letzten Jahre. Somit spielen sie beim Klimaschutz eine wichtige Rolle. Ohne diese sogenannte Kohlenstoffsenke wäre die CO₂-Konzentration in der Atmosphäre deutlich höher und der menschgemachte Klimawandel entsprechend stärker, so das Ergebnis eines internationalen Forschungsprojekts zur CO₂-Aufnahme der Weltmeere. Doch wie relevant sind solche natürlichen CO₂-Speicher in der Gesamtbilanz? Was bedeutet das für die entsprechenden Ökosysteme? Haben natürliche CO₂-Speicher mehr oder eben so viel Potential wie technische Lösungen – beim CarbonCycleCultureClub (C4) im Mai diskutierten Expert:innen beispielsweise über die Möglichkeiten und Grenzen von Carbon Capture and Storage (CCS) und Carbon Capture and Utilization (CCU) sowie die Nutzung von CO₂ als Rohstoff – die Klimaziele zu erreichen?
Die Grammy-nominierte DJ und Spezialistin für Umwelt-Toxikologie Jayda G und Polar- und Tiefseeforscherin, Professorin Dr. Antje Boetius, Direktorin des Alfred-Wegener-Instituts Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung, die bereits zahlreiche Auszeichnungen wie den Deutschen Umweltpreises (2018) und das Bundesverdienstkreuz (2019) erhalten hat sowie im Jahr 2023 Hochschullehrerin des Jahres des Deutschen Hochschulverbands (DHV) war, diskutierten diese Fragen, gaben Einblicke in ihre Tätigkeit, ihre Auffassung und ihre Forschung zur Bedeutung natürlicher CO₂-Speicher. Beide Expertinnen hatten Filmmaterial im Gepäck.
Die in Kanada aufgewachsene und mittlerweile in London ansässige Jayda G zeigte Ausschnitte aus ihrem Dokumentarfilm/ Reportage „Blue Carbon – Die Superkraft der Natur“ und berichtete von ihren Erfahrungen während der Reportage sowie von den Menschen, die sie getroffen hat und die sich weltweit für den Klimaschutz engagieren. Sie nahm die Zuschauerinnen und Zuschauer mit auf eine Reise um die Welt zu diesen besonderen Blue Carbon Ökosystemen. Natur und Musik sind ihre Elemente. In ihrem Schaffen verbindet sie beides. Später am Abend legte sie auf dem MELT-Festival in Ferropolis auf und entführte dort in ihre musikalische Welt als House-DJ.
Professor Dr. Antje Boetius wirkte im August 2023 an Bord der Polarstern an der ArcWatch Expedition mit, die durchs Nordpolarmeer bis hoch zum Nordpol ging. Hierbei entstanden erstmals Filmaufnahmen vom Meeresboden in 4000 Meter Tiefe, die in der ARD-Dokumentation „Expedition Arktis 2 – Tauchfahrt am Nordpol“ gezeigt wurden. Auch sie zeigte Filmausschnitte zur Expedition. Dabei gab sie Einblicke in die Möglichkeiten forschungsrelevante Daten mit Robotern aus der Tiefsee zu gewinnen und die Arbeit mit diesen spannenden Details zum versteckten Leben auf unserem Planeten, bei der sie auf faszinierende Informationen zu Kohlenstoff-Kreisläufen in der Tiefsee stieß.