zum dritten Carbon Cycle Culture Club im ehemaligen Kraftwerk Zschornewitz
Direktorin und Vorstand der Stiftung Bauhaus Dessau, Dr. Barbara Steiner, im Gespräch über die Initiative der EU-Kommission „Neues Europäisches Bauhaus“ und das Netzwerk „Das Sachsen-Anhalt Projekt“.
Dr. Steiner ist am kommenden Donnerstag, 27. Januar 2022 ab 18 Uhr zu Gast beim Carbon Cycle Culture Club (C4) im Kraftwerk Zschornewitz und diskutiert mit weiteren Podiumsgästen über Chancen und Ziele der EU-Initiative und des Sachsen-Anhalt-Projekts. Im Fokus stehen die Themen Strukturwandel, Kreislaufwirtschaft und klimaneutrales Bauen.
Welche Chancen und Ziele sehen Sie für die Stiftung Bauhaus Dessau im Rahmen des Netzwerks „Neues Europäischen Bauhaus – Das Sachsen-Anhalt Projekt“?
Steiner: Wie kann eine ökologische und soziale Transformation gelingen – im Rahmen des ‚Green Deal’ spätestens bis 2045? Wenn sie im Wesentlichen eine kulturelle wird. Und hier kann das Bauhaus Dessau einen Beitrag leisten. Es braucht mehr als nur die ‚Renaturierung’ von Bergbaufolgelandschaften und Industriebrachen, die Entwicklung neuer Energiequellen und umweltfreundlicher Industrien. Wir brauchen einen radikalen kulturellen Wandel hin zu einer nachhaltigen Lebensweise.
In welchem Verhältnis steht die Initiative der EU-Kommission „Neues Europäisches Bauhaus“ (NEB) zum historischen Bauhaus in Dessau?
Steiner: Die Initiative der EU-Kommission bezieht sich bereits im Namen auf das historische Bauhaus. So wie dieses den Anspruch hatte, in die Gesellschaft hineinzuwirken und diese mitzugestalten, möchte auch das NEB gestaltend auf unsere Gegenwart einwirken, hin zu einer ökologisch und sozial gerechten Welt. Das ‚Sachsen-Anhalt Projekt’ setzt ebenfalls beim historischen Bauhaus an: Wie dieses ist es ein Experiment der Entgrenzung, Entkategorisierung und Verschmelzung, ein Experiment der Verbindung von Getrenntem: Interaktion von Kunst, Wissenschaft und Technik; Verschmelzung von Forschung, Lehre und Praxis.
Weshalb wurde die Stadt Zeitz als “Fallstudie” für den Antrag des Landes Sachsen-Anhalt ausgewählt?
Steiner: Zeitz ist eine Stadt, die nach der Einstellung des Kohlenbergbaus große wirtschaftliche und soziale Veränderungen erlebt hat. Der letzte große Tagebau “Profen” soll bis spätestens 2034 geschlossen werden. Zeitz steht für viele Regionen in Europa, die vor großen Herausforderungen stehen. Entscheidend war, dass sich wesentliche Voraussetzungen für unser Projekt in Zeitz finden: eine städtebauliche Studie, bereits umgesetzte Beteiligungsstrategien, eine Stadtregierung mit Weitblick, eine engagierte Verwaltung, strategische kommunale Liegenschaftspolitik; Investoren, die Hand in Hand mit den Menschen vor Ort arbeiten, et cetera. Dabei geht es gleichermaßen um lokale Erfahrungen und Expertisen wie um einen translokalen/transregionalen Austausch.
Wie lassen sich die Ziele des “Neuen Europäischen Bauhauses” aus Ihrer Sicht mit Kreislaufwirtschaft verbinden?
Steiner: Bleiben wir bei Zeitz: Die verschiedenen Ökologien der Stadt Zeitz sind lebendige Zeugnisse des ständigen Stoffwechsels von Materialien, Ressourcen und Materialitäten: die ehemaligen Braunkohletagebaue, die Brikettfabrik, das gebaute Umfeld der Stadt. Von hier aus lassen sich Spuren aufnehmen, die nach Bitterfeld und Zschornewitz führen und den Kreislauf der Kohle mit Landschaften, Siedlungsformen und alltäglichen Praktiken des Bauens und Machens verknüpfen.
Welches Bild stellen Sie sich für das “Neue Europäische Bauhaus” vor?
Steiner: Es ist ein Projekt des Wachsens und Werdens hin zu einer Bewegung, die mehr und mehr Menschen begeistert.
Was ist Ihnen besonders wichtig als Direktorin und Vorstand für die Stiftung Bauhaus Dessau?
Steiner: Der Disziplinen überschreitende, ganzheitliche Ansatz macht das Sachsen-Anhalt Projekt für mich besonders wertvoll.
Das Interview mit Dr. Barbara Steiner wurde im Vorfeld der Veranstaltung durch Simone Everts-Lang geführt.