Der Bau des Kraftwerks Zschornewitz begann 1915. 1918 wurde es vollständig in Betrieb genommen. Die AEG-Tochtergesellschaft „Elektrowerke AG“ übernahm Aufbau und Betrieb der Großanlage.
Dem Energieschema des Ingenieurs Georg Klingenberg folgend, wurde eine Anlage mit zunächst drei und später vier Kesselhäusern, die an das Maschinenhaus anschlossen, gebaut. Schornsteine, mehrgeschossige Einbauten für Hilfsmaschinen und Sozialbauten füllten die Höfe zwischen den Kesselhäusern.
Mit acht Turbinen erzeugte das Kraftwerk 128 Megawatt (MW) und war das leistungsstärkste Braunkohlekraftwerk weltweit. Erstmals war ein Kraftwerk direkt „auf der Braunkohle“ platziert worden, denn Walter Rathenau und der Ingenieur Klingenberg hatten verstanden: Strom ist die Energie der Zukunft.
Und, so Klingenberg: „Strom transportiert sich leichter als Kohle“. Von Anfang an hatte man den Energiehunger der Hauptstadt Berlin („Elektropolis“), aber auch der Stickstoffwerke Piesteritz bei Wittenberg im Blick. Diese neue Zeit brach sehr schnell an, erste Fernleitungen verbanden die Regionen.
Eine Ortschaft entsteht
Zeitgleich mit dem Kraftwerk entstand eine Wohnkolonie, die axial an das Kraftwerk anschloss. Sie wurde nach dem Selbstversorgerprinzip der Gartenstadt konzipiert. Etwa zwei Kilometer von Zschornewitz entfernt, nahe des Dorfes Golpa, wurden mit elektrisch angetriebener Großtechnik aus der Grube Golpa bis zu 10.000 Tonnen Braunkohle täglich gefördert. Eine Doppelflügelkettenbahn transportierte die Kohle zum Kraftwerk.
Bis 1930 hatte das wachsende Kraftwerk nicht nur seine eigene Reservefläche, sondern auch den Schutzraum zur Wohnkolonie ausgefüllt. Es produzierte inzwischen 1350 Millionen Kilowattstunden Strom im Jahr. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Vorschaltanlage und alle seit 1928 eingebauten, technisch hochwertigen Anlageteile als Reparationsleistung an die Sowjetunion demontiert. Doch das Kraftwerk arbeitete bald weiter. 1975 verfügte Zschornewitz über eine gut ausgebaute technische Infrastruktur und hochspezialisierte Fachkräfte.
1992 wurde das Kraftwerk außer Betrieb genommen und stillgelegt. Bis 1995 wurde das Dampfkraftwerk Zschornewitz bis auf Teile des Maschinenhauses, das historische Verwaltungsgebäude sowie das Schalthaus rückgebaut. Der erhaltene Teil wurde zum Industriedenkmal.
Autorin: Simone Everts-Lang