Am 25. Mai 2022 lud das Forum Rathenau ab 18 Uhr zum hybriden Carbon Cycle Culture Club (C4) ins ehemalige Kraftwerk Zschornewitz ein. Fachexpert:innen diskutierten Perspektiven rund um den „Foresight-Prozess am Beispiel von CO2“.
Das Event wurde live gestreamt. Zum Video.
Mit dem Foresight-Prozess Zukunftsszenarien entwickeln
In einer völlig verdorrten Wüste gießt ein kleines Mädchen ein Alpenveilchen und teilt sich mit ihm das letzte verfügbare Trinkwasser, ohne der Mutter davon zu erzählen. Das Dystopie-Szenarium stammt aus einem Film zum Thema Energie, der beim Foresight-Festival Nr. 4 prämiert wurde.
„Es ist vielleicht einfacher, Dystopien filmisch zu entwickeln“, entgegnet Ilka Bickmann, ebenfalls Vorstand des Forum Rathenau und Festivalleitung des Foresight Festivals. „Für Utopien brauchen wir Wissen darüber, was zukünftig geht. Dazu müssen Künstler:innen und Filmemacher:innen enger mit der Forschung zusammenarbeiten. Wir können uns keine Dystopien leisten.“
Im Rahmen der Vorausschau oder auch des Foresight-Prozesses geht es nicht darum, die Zukunft vorherzusagen, sondern auf Basis des aktuellen Wissensstandes mögliche Zukunftsszenarien zu entwickeln. Technologische und gesellschaftliche Veränderungen, die in zehn- bis fünfzehn Jahren, also aktuell in den 2030er Jahren auf uns zukommen könnten, zu antizipieren und mögliche, wahrscheinliche, wünschenswerte oder auch weniger wünschenswerte Zukünfte sichtbar zu machen.
Wir haben mehrere mögliche Zukünfte
„Wir haben mehrere Zukünfte, die möglich sind. Der Foresight-Prozess versucht zu bewerten, welche dieser Zukünfte die wahrscheinlichste ist,“ sagt Wehrspohn. Im Fall vom Umgang mit CO2, also Kohlenstoffdioxid, gebe es beispielsweise folgende Zukünfte:
- Wir geben die kohlenstoffbasierte Wirtschaft komplett auf.
- Oder wir behalten die kohlenstoffbasierte Wirtschaft so wie sie ist bei und fahren weiter mit unseren fossilen Autos, ziehen aber das CO2 mit Technologien aus der Atmosphäre, binden es und speichern es langfristig.
- Oder wir gehen mit ganz neuen Ansätzen heran und sagen, wir nutzen CO2 als Rohstoff wie eine Pflanze und versuchen, ganz neue Dinge zu denken.
Wehrspohn: „Beim nächsten C4 wollen wir uns methodisch dem Foresight-Prozess nähern und unterschiedliche Zukünfte für CO2, also Kohlenstoffdioxid, diskutieren.“
Gewichtung von Trends und Technologie
Der Foresight-Prozess wird eingesetzt, um diese unterschiedlichen Zukünfte zu gewichten. Man versuche die gesellschaftlichen Trends und die technologischen Optionen zu überlagern, um herauszufinden, welches die wahrscheinlichste Zukunft sei, erläutert Wehrspohn. Das geschehe typischerweise mittels Befragungen sowohl der Bevölkerung als auch von Expert:innen.
Es sei wichtig, mehr als eine Option zu haben, denn wir wüssten ja nicht, ob die ganze Welt bereit sei, sich auf Dekarbonisierung einzulassen, so Wehrspohn. Das könne man heute nicht sagen. Gerade in Anbetracht des aktuellen Konflikts zwischen Russland und der Ukraine bestehe die Möglichkeit, dass sich der größte fossile Emittent der Welt, Russland, aus dem Pariser Klimaschutzabkommen zurückziehe. Vor diesem Hintergrund sei es ein guter Zeitpunkt, noch einmal alle Optionen auf den Tisch zu legen.
Wie können wir gemeinsam neue Zukünfte ausschreiben, die in diesem Spannungsfeld zwischen Defossilisierung und Dekarbonisierung stattfinden? Und die Gesellschaft dabei mit einbeziehen?
Als Podiumsgäste haben zugesagt:
- Professorin Dr. Susanne Vollberg, Professorin für Medien- und Kommunikationswissenschaften an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Stv. Vorstand von science2public, Gesellschaft für Wissenschaftskommunikation e.V.
- Apl. Professor Dr. habil. Harald Kegler, Fachgebiet Städte- und Planungsgeschichte an der Universität Kassel
- Dr. Jano Costard, Challenge Officer der SPRIND GmbH, Bundesagentur für Sprunginnovationen
- Dr. Friedrich Bohn, Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung GmbH – UFZ, Department Ökologische Systemanalyse / Ecological Modelling