Arbeiten an der Schwemme, einem der bekanntesten Lehmhäuser in Halle. Foto: C. Hartwig

Wie gelingt die Bauwende?

Beim CarbonCycleCultureClub (C4) in Kooperation mit dem Silbersalz-Festival in Halle können neben dem Diskussions- und Denkformat C4 auch eine thematisch passende Exkursion mit Foto-Shooting und Workshops dazu besucht werden. Melden Sie sich hier für die Veranstaltungen an!

Zum Thema „Neues Europäisches Bauhaus (NEB) – Wie gelingt die Bauwende 2030/2045 in Mitteldeutschland? richten Fachexpert:innen auf Einladung des Forum Rathenau e.V. beim CarbonCycleCultureClubs (C4) am Sonntag, den 3. November 2024 den Blick auf nachhaltiges Bauen. Diskutiert wird beim C4, der in Kooperation mit dem Silbersalz-Festival in Halle stattfindet, von 11 bis 12.30 Uhr in der ehemaligen Galeria Kaufhof auf dem Marktplatz. Die Veranstaltung kann zudem digital über einen YouTube-Livestream verfolgt werden. Bis zum Jahr 2030 sollen in Deutschland die ⁠Treibhausgas⁠-Emissionen um mindestens 65 Prozent reduziert werden, bis 2045 wird Netto-Treibhausgasneutralität angestrebt. Das Bauwesen war nach einem Bericht des UN environment programme 2019 für 38 Prozent der anthropogenen Emissionen verantwortlich. Für Deutschland erhob das Forschungsunternehmen Prognos AG in einer Studie im Jahr 2021 Zahlen. Demnach verursachen Bau und Betrieb von Gebäuden etwa 41 Prozent der deutschen Treibhausgas-Emissionen. (Stand: Juli 2021) Wie gelingt ein systemischer Wandel in diesem Bereich, der so einen enormen Anteil am Ausstoß von Treibhausgas-Emissionen hat? Das wird eine der Fragen sein, die beim C4 diskutiert werden. Um dieses Ziel zu erreichen, werden unterschiedliche Ansätze verfolgt.

Als Podiumsgäste zugesagt haben:

  • Professor Eike Roswag-Klinge, Managing Director Institute of Architecture, NATURAL BUILDING LAB – chair of constructive design and climate adaptive architecture,Technische Universität Berlin
  • Dr. Barbara Steiner, Direktorin der Stiftung Bauhaus Dessau
  • Stefanie Samtleben, integrale, nachhaltige Fabrikplanung, Fraunhofer IFF Magdeburg
  • Dr. Franziska Knoll, Archäologin und Bündniskoordinatorin von WIR!-Bündnis GOLEHM
  • Ben Buschfeld, graphic and interface design, KulturerbeNetz.Berlin

Führt Lowtech, also Materialrecycling und die Nutzung von Naturstoffen zur erfolgreichen Reduktion von klimaschädlichen Emissionen, oder brauchen wir besonders viel Hightech im Baugewerbe, um die Klimaziele zu erreichen?

Professor Eike Roswag-Klinge, Natural Building Lab, TU Berlin sagte in einem Interview dieses Jahr, dass 92 Prozent aller mineralischen Ressourcen, die wir dem Boden entnehmen, in den Bausektor wandern. Und dann werden sie irgendwann zu Schutt und Müll. Er plädiert deshalb dafür, mit nachwachsenden Rohstoffen, aber auch mit recycelten Rohstoffen zu bauen und spricht sich für die Umnutzung bestehender Gebäude aus. Er meint, dass keinesfalls “frischer Boden” bebaut werden sollte.

Für die KreislaufBAUWirtschaft und Reduktion der stofflichen Ressourcen werden neben technischer Innovation auch auf prozessualer Ebene Anpassungen benötigt. Denn derzeit brauchen Neuerungen von der Grundlagenforschung bis zur Marktreife viele Jahre. Das kam auch schon beim C4 zum Thema “Zucker als Baustoff” zur Sprache. Zum Erreichen der Klimaziele sind methodische Ansätze gefragt, um Innovationsschübe in allen Bereichen – von der Material- und Konstruktionsentwicklung bis zur kreislaufgerechten Konzeption und Anpassungsfähigkeit von ganzen Gebäuden – zu ermöglichen.
Beim Forschungsprojekt “Urban Timber” des Natural Building Lab, beschäftigt sich Roswag-Klinge unter anderem mit Holz als zentralem Baustoff für klimaneutrales Bauen der Zukunft. Stahl sowie Dämmstoffe könnten in großem Maße auch durch Holz und anderen Naturfasern ersetzt werden.

Auch beim NEB – die drei Buchstaben stehen für das „Neue Europäische Bauhaus“,  werden recyclinggerechte, nachhaltige Baustoffe, emissionsreduzierte „Lowtech“-Herangehensweisen und modellhafte identitätsstiftende, gemeinwohlorientierte Projektvorhaben gefördert. Die EU-Initiative flankiert Europas Weg – den GREEN DEAL – in die Klimaneutralität und ruft zum gemeinsamen Handeln auf. Sachsen-Anhalt ist dabei und sucht EU-gefördert konkrete Ideen, Vorhaben und Visionen für das Mitteldeutsche Revier im Wandel.

Bereits im Januar 2022 veranstaltete der Forum Rathenau einen CarbonCycleCultureClub (C4) zum Thema „Neues Europäisches Bauhaus – Das Sachsen-Anhalt Projekt“ in seiner üblichen eindrücklichen Lokation, dem früheren Kraftwerk Zschornewitz in Gräfenhainichen. Nun, über zwei Jahre später, wird der rote Faden wieder aufgenommen. Dazwischen ist einiges passiert. Deshalb geht es in der Diskussion um: „Wie ist der aktuelle Stand des „Neues Europäisches Bauhaus-Das Sachsen-Anhalt Projekt“? Dies beantwortet  Frau Dr. Barbara Steiner, Direktorin und Vorstand Stiftung Bauhaus Dessau, beim C4, die bereits vor zwei Jahren zu Gast in hybriden Talkformat des Forum Rathenau war und damals wie heute in den aktuellen Stand einführen und berichten wird, welche Entwicklungen es gab und was für die Zukunft in Sachsen-Anhalt im Rahmen des Projekts geplant ist.

Auf dem früheren ZEKIWA-Gelände in Zeitz ist im Rahmen des NEB unter anderem geplant, bei der denkmalgerechten Sanierung des ehemaligen Verwaltungsgebäudes im Reallabor verschiedene innovative Strategien auszuprobieren. So können beispielsweise bei der Notsicherung des Daches Maßnahmen zur Energiegewinnung erprobt werden, beim Verfüllen des Kellers aus Hochwasserschutzmitteln kann eine Wärmespeicherung ausprobiert werden und bei der Sanierung der Fassadenelemente kann mit neuen Materialien gearbeitet werden. Auch hier wird eine Frage sein, wieviel Technik dabei sinnvoll und effizient ist, es wird die Möglichkeit bestehen, neueste Technologien zu erproben, die derzeit noch nicht auf dem Markt sind.

Auf neueste Technologien ist auch Dipl.-Math. Stefanie Samtleben spezialisiert. Sie bearbeitet am Fraunhofer IFF Forschungsprojekte mit den Schwerpunkten Energieeffizienz und IT-Entwicklung, seit dem Jahr 2015 überwiegend aus dem Umfeld der Bauwirtschaft. Sie ist eine Expertin für nachhaltige Fabriken der Zukunft.

Das KulturerbeNetz.Berlin betreibt eine “Rote Liste bedrohter Bauten“ (vgl. kulturerbenetz.berlin/rote-liste, welche Ben Buschfeld als Designer, Web-Entwickler und AG-Mitglied verantwortet – und es gehört zu dem breiten Bündnis, welches Daten bei der Plattform abriss-atlas.de eingegeben hat, das wiederum eine Art bundesweites Kataster beschlossener Abrisse ist.

Ziel des Abriss-Atlasses ist es, das Ausmaß der Gebäudeabrisse in Deutschland nach dem Vorbild des Schweizer Abriss-Atlas‘ zu visualisieren und zu kartografieren.
Abbrüche tragen maßgeblich zu vermeidbaren CO₂-Emissionen bei und sind verantwortlich für über 50 Prozent des in Deutschland anfallenden Abfalls. Zudem zerstören sie historische Baukultur und oft auch soziale Strukturen und Bindungen, so die Initiatoren des Abriss-Atlas Deutschland.

Auf Lehmbau und nachhaltige Kreislaufwirtschaft setzt auch das WIR!-Bündnis GOLEHM. GOLEHM wurde 2020 durch das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt, die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und das Berliner Ingenieurbüro ZRSI ins Leben gerufen, um das Lehmbauerbe in Mitteldeutschland zu erfassen, zu erforschen, zu erhalten und auf Basis dieser Tradition mit neuen Baustoffen in die Zukunft zu starten. Die Archäologin und Bündniskoordinatorin GOLEHM Dr. Franziska Knoll wird beim C4 die Möglichkeiten des Baumaterials Lehm für das Bauen der Zukunft beleuchten. Zudem wird sie Fotos der Lehmexkursionen am Samstag präsentieren.

Am Samstag, 2. November werden nämlich bereits zwei Exkursionen mit Dr. Franziska Knoll zu Lehmhäusern in Halle angeboten unter dem Motto: LEHM ist schön! Leben im Lehm(haus) noch viel schöner. Lehm ist feuerfest, schützt vor Schall und sorgt – dank der Diffusionsoffenheit – für erstklassiges Raumklima. Lehm ist für Bauzwecke fast überall verfüg- und nutzbar. Im Gegensatz zu Beton ist er ist ohne Abstriche und mit wenig Energieaufwand wiederzuverwerten. Kurz: Lehm ist der Baustoff der Zukunft. Und kann auf eine lange Erfolgsgeschichte zurückblicken. Bereits die ersten Häuser bauten die Menschen vor über 7.000 Jahren mit Lehm. Traditionell werden Gebäude in Mitteldeutschland seit über 500 Jahren mit tragenden Wänden aus Lehm errichtet, und stehen zum Teil heute noch. Im ländlichen Bereich machen Lehmbauten noch heute bis zu 30 Prozent des Gesamtgebäudebestands aus. In städtischen Gefilden hingegen sind nur noch wenige historische Lehmhäuser auszumachen.

Wir wollen mit Euch die letzten Zeugen des Lehmbaus im Stadtviertel Giebichenstein erkunden und den Lehm fotografisch in Szene setzen, frei nach dem Motto: LEHM ist schön – zeigt es! Ihr braucht: ein mobiles Gerät zum Fotos machen, Entdeckergeist und Lust auf was Kreatives. Ihr wollt schon jetzt mehr über Lehmbau in Mitteldeutschland erfahren? Besucht unsere Homepage: www.golehm.de

Exkursion 1: 11.00 – 13.00 Uhr,  Exkursion 2: 14.00  – 16.00 Uhr

  • Treffpunkt: Haupteingang der ehemaligen Galeria Kaufhaus am Marktplatz.
  • Fahrt mit der Straßenbahn (Tram 7) nach Giebichenstein (Haltestelle Triftstraße)
  • Erkundungstour
  • Fahrt zurück (Haltestellte Marktplatz)
  • Jede:r Teilnehmer:in, die/der Fotos gemacht hat, erhält einen Preis und einen Ausdruck des besten Fotos am Stand

Lehmwerkstatt beim Silbersalz – Erlebe nachhaltiges Bauen hautnah!

Besuche den Stand der Schwemme mit unseren Mitmachaktionen am 2. und 3. November von 10:00 bis 18:00 Uhr und erfahre mehr über verschiedene Lehmbautechniken. Wir zeigen dir, wie mit Lehm nachhaltig gebaut werden kann und warum dieser natürliche Baustoff eine wichtige Rolle für die Zukunft des Bauens spielt.

An verschiedenen Stationen hast du die Möglichkeit, selbst mit Lehm zu arbeiten: Lerne traditionelle Lehmstaken, die bei Fachwerkhäusern eingesetzt werden kennen oder fertige Lehmsteine an. Unsere Expert:innen erklären dir, warum Lehm so ein wertvoller Baustoff ist und wie man ihn verarbeitet. Nebenan bietet GOLEHM weitere spannende Mitmachaktionen an.

Am Schwemme-Infotisch kannst du dich zudem über unser Projekt im Herzen von Halle informieren und erfährst, wie wir nachhaltige Baustoffe stärker ins Bewusstsein rufen wollen und das auch direkt vor Ort umsetzen. Für die Mitmach-Aktionen an den Ständen ist keine Anmeldung erforderlich.

Anmeldungen für die hybride C4-Diskussionsveranstaltung und die beiden Exkursionen sind ab sofort hier möglich.